BGH vom 26.01.2012 – VII ZR 128/11- Honorarrechtliche Einordnung der Brandschutzplanung

Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 26.01.2012 – VII ZR 128/11

Mit dem Urteil des BGH findet ein Rechtsstreit zu Architektenleistungen für den Neubau eines Studentenwohnheims mit insgesamt 10 Gebäuden und ca. 220 Wohneinheiten, Tiefgarage, Verwaltungs- und Gemeinschaftshaus sowie Hausmeisterwohnung seinen Abschluss, die im Jahre 2001/2002 beauftragt waren.
Bereits in einer frühen Planungsphase wurde im Rahmen einer Projektbesprechung deutlich, dass die nach der Bayerischen Bauordnung erforderlichen Abstände gegen den Brandüberschlag von Gebäude zu Gebäude in der bereits vorliegenden Planung nicht erreicht werden konnten. Da auf die Einschaltung eines Brandschutzgutachters verzichtet werden sollte, wurde dem Objektplaner übertragen, in Abstimmung mit Baurechtsamt und Feuerwehr festzulegen, durch welche Maßnahmen dies kompensiert werden könne und welche Pläne für den Brandschutz im Bauantrag einzureichen seien. Auf dieses Weise wurde letztlich eine Lösung u. a. mit Rauchmelder und erhöhten Türanforderungen gefunden und in die Architektenpläne eingetragen.

In der Schlussrechnung im Januar 2009 beansprucht der Architekt schließlich einen Betrag in Höhe von etwa EUR 27.000,00 für Erstellung und Wiederholung des  Brandschutzkonzeptes. Während das Landgericht die Klage des Architekten abwies, qualifizierte das Berufungsgericht die erfolgte Brandschutzplanung gemäß HOAI 1996 als so genannte isolierte besondere Leistung und hielt die geltend gemachte Vergütung für das Brandschutzkonzept für begründet.

Der BGH hob nun das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab. Brandschutzplanung kann Besondere Leistung sein. In seiner Urteilsbegründung differenziert der BGH zunächst zwischen Grundleistungen nach § 2 Abs. 2 HOAI 1996, hinzutretenden besonderen Leistungen nach § 2 Abs. 3 Satz 1 oder sog. isolierten Besonderen Leistungen und leitet hieraus unterschiedliche Rechtsfolgen ab. Grundleistungen sind mit der getroffenen Honorarvereinbarung abgegolten.  Für hinzutretende Besondere Leistungen besteht ein Honoraranspruch nur dann, wenn ein Honorar zuvor schriftlich vereinbart worden ist (vgl. § 5 Abs. 4 HOAI 1996).
Bekanntlich ist diese restriktive Regelung mit der Neufassung HOAI 2009 entfallen, so dass sich ein wichtiger Leitsatz des aktuellen BGH-Urteils für Honorarvereinbarungen jüngeren Datums in veränderter Form darstellen wird. Eine isolierte besondere Leistung ist vom Vergütungsrecht der HOAI 1996 nicht erfasst und würde eine besondere Vergütung auf Basis § 632 BGB begründen. Im vorliegenden Fall kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass von der Klägerin nicht die Erbringung besonderer fachübergreifender Erkenntnisse des baulichen, anlagentechnischen oder betrieblich-organisatorischen Brandschutzes vorgetragen wurde und auch keine besondere Qualifikation oder Nachweisberechtigung erforderlich war. Vielmehr wurde die Leistung im Zusammenwirken mit dem Baurechtsamt und der Feuerwehr entwickelt, „wobei denkbar ist, dass der Klägerin etwa notwendiges Fachwissen durch die Behörden vermittelt worden ist“.

Es handele sich also um Grundleistungen, die mit dem übrigen Honoraranspruch abgegolten seien. Der BGH lässt ausdrücklich offen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Allgemeinen eine Qualifizierung von Leistungen des Brandschutzes auch als isolierte besondere Leistung möglich ist. Diese für die zukünftige Praxis entscheidende Frage wird in dem vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) beauftragten Gutachten „Evaluierung HOAI Aktualisierung der Leistungsbilder“  durch Prof. Lechner in überzeugender Form differenziert. Voranzuschicken ist, dass in dem dortigen Vorschlag zur Aktualisierung der Leistungsbilder in die Leistungsphase 2 der Objektplanung die Besondere Leistung auf- genommen wird: „Erarbeiten und Erstellen von besonderen baurechtlichen Nachweisen für den vorbeugenden und organisatorischen Brandschutz“. Als Erläuterung und Vorschlag für die amtliche Begründung zur HOAI wird auf Seite 171 des Gutachtens der Zusammenhang mit den Regelungen des § 11 „Brandschutznachweis“ der Muster-Bau-Vorlageverordnung (MBau VorlV) entwickelt.

„§ 11 (1 MBauVorlV) enthält eine Liste von Angaben, die für den Nachweis des Brandschutzes im Lageplan, in den Bauzeichnungen und in der Baubeschreibung, soweit erforderlich, insbesondere darzustellen sind. Diese in die üblichen Bauvorlagen einzutragenden Angaben stellen somit keine besonderen bauordnungsrechtlichen Nachweise dar und sind somit den Grundleistungen der Objektplanung zuzuordnen“. Diese Einschätzung deckt sich also mit dem Urteil der Bundesrichter im beschriebenen Einzelfall. Im Gutachten heißt es weiter: „Bei Bestandsbauten oder im Falle von Abweichungen werden allerdings in der Regel darüber hinausgehende Unterlagen und Nachweise erforderlich, die als Besondere Leistungen zuzuordnen sind.“ – also hinzutretende besondere Leistungen.  Nach § 11 (2) Satz 2 MBauVorlV müssen bei Sonderbauten, Mittel und Großgaragen zusätzliche Angaben gemäß Auflistung gemacht werden, also besondere bau- ordnungsrechtliche Nachweise, die in der Regel eine eigenständige Dokumentation erfordern, die über die vorbeschriebenen Einträge in die Planunterlagen bzw. üblichen Bauvorlagen hinausgehen. Es handelt sich also um Besondere Leistungen.

Schließlich wird auch die Differenzierung zu den isolierten Besonderen Leistungen wie folgt vorgefunden:

§ 11 (2) Satz 2 im MBauVorlV legt fest, dass auch anzugeben ist, weshalb es der Einhaltung von Vorschriften wegen der besonderen Art oder Nutzung baulicher An- lagen oder Räume oder wegen besonderer Anforderungen nicht bedarf (§ 51 Satz 2 MBO). § 11 (2) Satz 2 MBau-VorlV regelt, das der Brandschutznachweis auch gesondert in Form eines objektbezogenen Brandschutzkonzeptes dargestellt werden kann. Die Bearbeitung dieser speziellen Fragestellung erfordert besondere fachübergreifende Kenntnisse des baulichen, anlagentechnischen und betrieblich-organisatorischen Brandschutzes. In verschiedenen Bundesländern ist für die Bearbeitung dieser Nachweise eine besondere Qualifikation (z. B. Nachweisberechtigung, staatliche Anerkennung) bauaufsichtlich vorgeschrieben. Häufig sind hierfür besondere Planunterlagen als Visualisierung des Brandschutzkonzepts zu erstellen, erheblich über den § 11 (1) beschriebenen üblichen Bauvorlagen hinausgehen.

Mit dieser fachtechnisch wie auch baurechtlich belastbaren Differenzierung dürfte auch die im BGH-Urteil offen gebliebene – da für den dortigen Einzelfall nicht relevante – Fragestellung beantwortet sein. Zu weiteren Einzelheiten des Leistungsbildes für Brandschutz wird auf die Veröffentlichung des AHO Heft 17 verwiesen, welche auch im BGH-Urteil mehrfach zitiert wurde.

Dipl.-Ing. Udo Kirchner, Leiter der AHO- Fachkommission „Brandschutz“

Datum

Juni 2012

Quelle

AHO-Newsletter