Baukultur

In seiner Antrittsvorlesung 1974 an der TU Braunschweig sagte der Ende November 2022 verstorbene Architekt Meinhard von Gerkan: „Die Arbeit der Architekten muss darauf gerichtet sein, Architektur dem Denk- und Handlungsraum von Konsumware zu entreißen und ihr die Wertstelle von Kulturgut zu geben“.

Es liegt in der Natur des Menschen, seine Umwelt zu gestalten und sie für sich ur- und nutzbar zu machen – drinnen wie draußen – unter Berücksichtigung aller regionalen Anforderungen und individuellen Bedürfnisse. Menschliches Leben und Architektur gehören zusammen. Sie bedingen einander – die Architektur sagt viel über diejenigen aus, die sie erschaffen haben. Und was Menschen wichtig ist, drücken sie in der Art und Weise aus, wie sie ihre Umwelt gestalten.

Wer kann sich nicht an seine erste Schule, vielleicht an den Kindergarten erinnern, an die Räume, vielleicht auch an den Geruch? Und darüber hinaus: Wir alle haben Erinnerungen an besondere Orte, die wir auf Reisen gesehen haben.

Umfragen zeigen: Fragt man Menschen nach Kindheitserinnerungen, werden häufig prominente Gebäude genannt. Der sprichwörtliche und zunächst sentimental erscheinende „Kirchturm“, der das Dorf überragt, taucht in diesen Umfragen immer wieder auf. Das zeigt: Architektur gibt Halt, schafft Raum für Identifikation, zeigt Zugehörigkeit an und ist Kulturgut einer Gemeinschaft.

Es ist entscheidend, bewusst und mit Weitblick nachhaltig und klimasensibel zu bauen – denn gebaute Umwelt bleibt in der Regel und bestenfalls lange erhalten – idealerweise zur Freude der Nutzerinnen und Nutzer! Und nicht nur der Nutzer, denn Architektur ist immer öffentlich, die Gestalt der Gebäude beeinflusst über Jahrzehnte die Wahrnehmung der Menschen – man kann sich ihr nicht entziehen! Diese wenigen Gedanken zeigen: Baukultur ist kein Luxus-Produkt, sondern existenziell!