von Dr. Felix Lehmann, Vorsitzender Richter am Landgericht Kiel
Kurz und knapp
- Anwaltskosten eines Gerichtssachverständigen können erstattungsfähige Auslagen im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG sein.
- Die Sachverständigenvergütung ist alsbald nach der Rechnungsstellung und Eingang eines weiteren Auslagenvorschusses zu zahlen. Liegt der verzögerten Zahlung die offenkundige gerichtliche Fehlvorstellung zu-grunde, ein Gutachten sei gar nicht erstellt worden, ist es nicht notwendig, für ein klarstellendes Mahnschreiben anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Sachverhalt / Entscheidungen
Ein Sachverständiger wurde mit dem Gutachtenauftrag darüber belehrt, dass ein Vorschuss von 2.500,- € gezahlt worden sei und er darauf hinweisen müsse, wenn seine Kosten diesen Vorschuss voraussichtlich erheblich überstiegen. Als der Sachverständige am 5. Dezember 2012 mit dem schriftlichen Gutachten seinen Vergütungsantrag beim Landgericht einreichte, betrug die begehrte Vergütung 3.994,70 €. Der Antrag blieb unbearbeitet. Am 1. März 2013, d.h. etwa vier Monate nach Einreichung des Vergütungsantrages, meldeten sich für den Sachverständigen Rechtsanwälte, die nicht nur die Zahlung der Vergütung anmahnten, sondern daneben um Erstattung einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 3.994,70 € nebst Auslagen baten. Die Festsetzung der Anwaltskosten lehnte das Landgericht ab.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Sachverständigen blieb ohne Erfolg (Beschluss des OLG Koblenz vom 10. Juli 2013, Az.: 14 W 380/13). Eine Festsetzung der Anwaltskosten des Sachverständigen habe im Verfahren nach § 4 JVEG zu unterbleiben. Die dem Sachverständigen entstandenen Anwaltskosten im vorliegen-den Fall seien nicht notwendig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG. Der nach Auf-fassung des Senats ungewöhnliche Entschluss des Sachverständigen, im März 2013 Anwälte zu beauftragen, könne zwar vor dem Hintergrund gereift sein, dass für die Antragstellung eine dreimonatige Frist gelte (§ 2 Abs. 1 JVEG). Sollte das bei dem Sachverständigen zu der Fehlvorstellung geführt haben, trotz seines Anfang Dezember 2012 wirksam gestellten Antrags könne der Entschädigungsanspruch binnen einer ähnlich kurzen Frist „erlöschen“, wäre dieser Irrtum schlechterdings nicht nachvollziehbar und daher unbeachtlich. Im vorliegenden Fall hätte eine An-weisung des Sachverständigen an das ihm zur Verfügung stehende Schreibbüro genügt, um dem Landgericht eine Mahnung zu schicken.
Praxishinweis
Was ist zu tun, wenn ein Gericht längere Zeit nach Einreichung des Vergütungsantrages immer noch keine Zahlung vorgenommen hat? Auch wenn es zu berechtig-tem Ärger führen kann, als Sachverständiger ständig seiner Vergütung „hinterher-laufen“ zu müssen, erreicht man durch eine konfrontative Kommunikation mit aggressiven Anrufen, persönlich werdender Polemik oder gar der Einschaltung eines Rechtsanwalts nur selten das gewünschte Ziel. Lediglich zukünftige Aufträge eines unliebsamen Richters können so effektiv vermieden werden. Stattdessen sollten Sachverständige sich bei Nichteingang der Vergütung nach Ablauf einiger Wochen telefonisch auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts erkundigen, bis wann mit einer Zahlung zu rechnen sei. Häufig erfährt man in diesem Gespräch einen mehr oder weniger plausiblen Grund für die Verzögerung und erreicht eine kurzfristige Zahlung der Vergütung. Sollte auch nach Ablauf des von der Geschäftsstelle genannten Zeitpunkts keine Zahlung erfolgt sein, führt in ca. 90% der Fälle ein zweiter Anruf gleichen Inhalts bei der Geschäftsstelle zum Erfolg. Vergeht auch der zweite von der Geschäftsstelle genannte Zeitpunkt ohne Zahlungseingang, sollte in einem telefonischen Gespräch mit dem zuständigen Richter eine endgültige Klärung versucht werde. Nur wenn in einem der Gespräche deutlich wird, dass eine aus Sicht des Sachverständigen unberechtigte Kürzung der Vergütung in Betracht kommt, kann – jedoch stets nur als ultima ratio – erwogen werden, ob man einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung des Vergütungsanspruchs beauftragt. Einfache Mahnschreiben sollten Sachverständige stets selbst erstellen.
Datum
01. Dezember 2014