Aufgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 2 des Architekten- und Ingenieurkammergesetzes (ArchIngKG) vom 09. August 2001 (GVOBl. Schl.-H. 2001 S.116), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Juni 2016 (GVOBl. Schl.-H. S. 386), erlässt die Kammerversammlung der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein durch Beschlussfassung vom 22. November 2016 folgende Geschäftsordnung:
§ 1
Verstoß gegen die Berufspflichten
Verstöße gegen die Berufspflichten (§ 3 ArchIngKG) der Architekten oder Architektinnen und Ingenieure oder Ingenieurinnen werden in einem Ehrenverfahren geahndet.
§ 2
Einstellung
In Fällen von geringer Bedeutung oder geringer Schuld kann das Verfahren bis zur Einleitung des Hauptverfahrens vom Vorstand der Kammer, nach Einleitung des Hauptverfahrens vom Vorsitzenden oder von der Vorsitzenden des Ehrenausschusses eingestellt werden. Dabei kann der Betroffene oder die Betroffene mündlich ermahnt werden.
§
Zuständigkeit
Zur Entscheidung über Verstöße gegen Berufspflichten ist der Ehrenausschuss zuständig.
§ 4
Ausschließung
Ein Ehrenausschussmitglied ist von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 81 LVwG vorliegen.
§ 5
Ablehnung und Befangenheitserklärung
Jedes Mitglied des Ehrenausschusses kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden oder sich selbst für befangen erklären.
Der Ablehnungsantrag ist mit Begründung bei dem Vorsitzenden oder der Vorsitzenden des Ehrenausschusses schriftlich einzureichen.
Wird die Ablehnung erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, so darf ihre Prüfung nur erfolgen, wenn dargetan wird, dass der Ablehnende oder die Ablehnende außerstande war, seinen oder ihren Antrag früher zu stellen.
Über den Ablehnungsantrag und über die Selbstablehnung entscheidet der Ehrenausschuss.
§ 6
Ruhen der Ehrenausschussmitgliedschaft
Mitglieder des Ehrenausschusses können ihr Amt nicht mehr ausüben, sobald gegen sie ein Ehrenverfahren eingeleitet ist.
§ 7
Bevollmächtigte und Beistände
Der oder die Betroffene kann sich durch einen Bevollmächtigten oder eine Bevollmächtigte vertreten lassen oder mit einem Beistand erscheinen. Für Bevollmächtigte und Beistände gilt im Einzelnen § 79 LVwG.
§ 8
Akteneinsicht
Dem oder der Betroffenen, Bevollmächtigten und seinem oder ihrem Beistand ist auf Antrag unter den notwendigen Sicherungen Einblick in den Akten zu gewähren. Im Einzelnen gilt § 88 LVwG.
§ 9
Anregung auf Einleitung des Ehrenverfahrens
Jeder oder jede, der oder die von einem möglichen Verstoß gegen Berufspflichten durch einen Architekten oder eine Architektin oder einen Ingenieur oder eine Ingenieurin Kenntnis erlangt, kann beim Vorstand der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein die Einleitung eines Ehrenverfahrens anregen. Die Anregung ist schriftlich an den Vorstand zu richten und unter Angabe von Beweismitteln eingehend zu begründen.
Architekten oder Architektinnen und Ingenieure oder Ingenieurinnen können eine Entscheidung über ihr Verhalten im Ehrenverfahren beantragen; Abs. 1, Satz 2 gilt entsprechend.
§ 10
Aufklärungsverfahren
Sobald dem Vorstand durch Anregung oder in sonstiger Weise Tatsachen bekannt werden, die den Verdacht eines möglichen Verstoßes gegen Berufspflichten begründen, ist der Vorstand, ohne dass es dazu eines Antrages bedarf, verpflichtet, den Sachverhalt so schnell und so gründlich wie möglich – gegebenenfalls durch ein zum Untersuchungsführer oder zur Untersuchungsführerin zu bestellendes Vorstandsmitglied – aufzuklären.
Bei der Untersuchung, die im Interesse der Ordnung und des Ansehens des Berufsstandes erfolgt, soll jede nicht durch den Untersuchungszweck gebotene Beeinträchtigung des Betroffenen oder der Betroffenen vermieden werden. Sobald es die Aufklärung des Sachverhalts zulässt und auf jeden Fall vor der Beschlussfassung des Vorstandes über die Einleitung des Ehrenverfahrens, ist der oder die Betroffene über die Beschuldigungen zu unterrichten und zur Stellungnahme unter Angabe ihn oder sie entlastender Beweismittel binnen angemessener Frist aufzufordern.
§ 11
Beschluss über die Einleitung des Hauptverfahrens
Nach Abschluss der Ermittlungen beschließt der Vorstand über die Einleitung des Hauptverfahrens.
§ 12
Rügerecht des Vorstandes
(1) Der Vorstand kann das Verhalten eines Kammermitglieds, durch das dieses ihm obliegende Berufspflichten verletzt hat, rügen, wenn die Schuld gering ist und ein Antrag auf Einleitung eines Ehrenverfahrens nicht erforderlich erscheint. Architekten und Stadtplaner im öffentlichen Dienst unterliegen hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit nicht dem Rügerecht.
(2) Das Rügerecht erlischt, sobald das Ehrenverfahren gegen das Mitglied eingeleitet ist. § 26 Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Bevor die Rüge erteilt wird, ist das Mitglied zu hören.
(4) Der Bescheid, durch den das Verhalten des Mitglieds gerügt wird, ist zu begründen. Er ist dem Mitglied mit Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. Eine Zweitschrift des Bescheids ist der Aufsichts-behörde zu übersenden.
(5) Gegen den Bescheid kann das Mitglied innerhalb eines Monats nach der Zustellung bei dem Vorstand Einspruch erheben. Über den Einspruch entscheidet der Vorstand. Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden. Wird der Einspruch zurückgewiesen, so kann das Mitglied binnen eines Monats nach der Zustellung beim Ehrenausschuss beantragen, dass ein Ehrenverfahren eingeleitet wird.
(6) Ein Ehrenverfahren kann auch dann eingeleitet werden, wenn wegen desselben Verhaltens bereits eine Rüge erteilt wurde. Jedoch kann der Vorstand der Architekten- und Ingenieurkammer die Einleitung des Ehrenverfahrens nur noch beantragen, wenn nach Erteilung der Rüge neue Tat-sachen oder Beweismittel bekannt geworden sind, die die Berufspflichtverletzung als durch eine Rüge nicht genügend geahndet erscheinen lassen. Der Antrag kann nur innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Rüge gestellt werden. Die Rüge wird mit Rechtskraft der Entscheidung des Ehrenausschusses gegenstandslos. Hält der Ehrenausschuss die Durchführung eines Ehrenverfahrens nur wegen Geringfügigkeit der erhobenen Beschuldigung nicht für erforderlich oder stellt er wegen der Geringfügigkeit der Berufspflichtverletzung das Verfahren ein, so hat er in seinem Beschluss die Rüge aufrechtzuerhalten, wenn die Nachprüfung ergibt, dass sie zu Recht erteilt wurde.
§ 13
Einleitung des Hauptverfahrens
(1) Der Vorstand hat die Eröffnung des Ehrenverfahrens zu beantragen, wenn der oder die Betroffene nach den Ermittlungen des Vorstandes eines möglichen Verstoßes gegen Berufspflichten hinreichend verdächtigt wird und die Schuld nicht gering ist.
(2) Die Einleitung des Hauptverfahrens erfolgt durch Einreichung einer vom Präsidenten oder von der Präsidentin der Kammer zu unterzeichnenden Einleitungsschrift, die bei dem oder der Vorsitzenden des Ehrenausschusses einzureichen ist.
(3) In der Einleitungsschrift ist der oder die Betroffene zu bezeichnen.
(4) Die gegen ihn oder sie erhobenen Vorwürfe sind ausführlich zu begründen und die Beweismittel anzugeben.
§ 14
Ablehnung der Einleitung
Wenn dem Vorstand die Eröffnung eines Ehrenverfahrens nicht geboten erscheint, hat er entsprechend zu beschließen. Der Präsident oder die Präsidentin der Architekten- und Ingenieurkammer hat dem oder der Anzeigenden und dem oder der Betroffenen, wenn er oder sie bereits gehört wurde, von dem Beschluss des Vorstandes Kenntnis zu geben.
§ 15
Eröffnungsverfügung
Der oder die Vorsitzende des Ehrenausschusses verfügt alsbald die Eröffnung des Verfahrens (Eröffnungsverfügung) und beruft die amtierenden Beisitzer, in einer vor Beginn des Geschäftsjahres im Voraus festzulegenden Reihenfolge.
Eine Ausfertigung der Eröffnungsverfügung ist dem Präsidenten oder der Präsidentin der Kammer, dem oder der Betroffenen und den berufenen Beisitzern durch Einschreibebrief oder Übergabe gegen Empfangsbescheinigung zuzuleiten.
§ 16
Aussetzung des Ehrenverfahrens
Wird das Verhalten des oder der Betroffenen, das Gegenstand des Ehrenverfahrens ist, von strafrechtlich verfolgbaren Handlungen oder zivilrechtlichen Streitigkeiten berührt, die durch die ordentlichen Gerichte geklärt oder entschieden werden, kann das Verfahren durch Verfügung des oder der Vorsitzenden des Ehrenausschusses ausgesetzt werden, bis eine Klärung oder Entscheidung durch das ordentliche Gericht erfolgt ist.
Dem oder der Betroffenen kann unter Einräumung einer angemessenen Frist aufgegeben werden, die zur Einleitung eines ordentlichen Gerichtsverfahrens nötigen Maßnahmen zu treffen und den Ehrenausschuss über dessen Fortgang auf dem Laufenden zu halten.
Das Verfahren kann jederzeit – auch wenn eine Klärung durch ein ordentlichen Gericht nicht erfolgt ist – durch Verfügung des oder der Vorsitzenden des Ehrenausschusses wieder aufgenommen werden.
§ 17
Aufklärung durch den Vorsitzenden oder die Vorsitzende
Der oder die Vorsitzende des Ehrenausschusses hat den Fall weiter aufzuklären, wenn er oder sie ihn noch nicht für genügend geklärt erachtet. Zu dem weiteren Ermittlungsergebnis ist der oder die Betroffene zu hören.
Der oder die Vorsitzende des Ehrenausschusses bestimmt Zeit und Ort der Verhandlung, sobald der Fall ausreichend geklärt erscheint.
§ 18
Ladung zur Hauptverhandlung
Zur Verhandlung sind der Präsident oder die Präsidentin der Kammer, der oder die Betroffene, der oder die Bevollmächtigte und sein oder ihr Beistand, falls solche von ihm oder ihr benannt sind, sowie die berufenen Beisitzer zu laden. Ferner sind Zeugen und Sachverständige zu laden, die in der Verhandlung vernommen werden sollen.
In der Ladung des oder der Betroffenen und seines oder ihres Bevollmächtigten oder seiner oder ihrer Bevollmächigten und seines oder ihres Beistandes sind die mitwirkenden Ehrenausschussmitglieder, die Zeugen und Sachverständigen anzugeben.
Die Ladung erfolgt durch eingeschriebenen Brief oder durch Übergabe gegen Empfangsbescheinigung.
Bei Ladung durch eingeschriebenen Brief gilt die Zustellung mit Ablauf des dritten Tages nach Aufgabe bei der Post als bewirkt. Im übrigen gilt § 89 LVG. Zwischen der Zustellung und der Ladung an den Betroffenen oder die Betroffene, seinen bzw. ihren Bevollmächtigten oder seine bzw. ihre Bevollmächtigte und Beistand und dem Tage der Verhandlung muss eine Frist von 14 Tagen liegen.
§ 19
Vertretung des Präsidenten oder der Präsidentin, Teilnahme des Syndikus
Der Präsident oder die Präsidentin kann sich durch ein mit schriftlicher Vollmacht versehenes Vorstandsmitglied vertreten lassen.
Außerdem kann der Justiziar der Architekten- und Ingenieurkammer an den Verhandlungen des Ehrenausschusses teilnehmen.
§ 20
Abwesenheit des oder der Betroffenen
Die Verhandlung kann auch in Abwesenheit des oder der Betroffenen stattfinden, sofern er oder sie ordnungsgemäß geladen ist und nicht eine triftige Begründung für die Abwesenheit rechtzeitig schriftlich vorbringt. Dies gilt auch dann, wenn der oder die Betroffene sich im Ausland befindet oder sein oder ihr Aufenthalt unbekannt ist.
§ 21
Gang der Verhandlung
Als Richtlinien für den Ablauf der Verhandlung sollen gelten:
Eröffnung der Verhandlung und Berichterstattung durch den Vorsitzenden oder die Vorsitzende des Ehrenausschusses, Vernehmung des oder der Betroffenen in Abwesenheit der Zeugen, Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen einzeln und nacheinander, letzte Erklärung des oder der Betroffenen. Es folgt die Beratung des Ehrenausschusses und anschließend die Verkündung der Entscheidung durch den Vorsitzenden oder die Vorsitzende des Ehrenausschusses mit mündlicher Begründung. Über die Verhandlung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die von dem oder der Vorsitzenden und einem Protokollführer oder einer Protokollführerin zu unterzeichnen ist.
§ 22
Beratung und Entscheidungsverkündung
Die Beratung des Ehrenausschusses ist geheim. An ihr dürfen nur die berufenen Ehrenausschussmitglieder teilnehmen.
Die Entscheidung des Ehrenausschusses erfolgt mit Stimmenmehrheit. Die Entscheidung soll im Anschluss an die Verhandlung verkündet werden.
§ 23
Entscheidung
Die Entscheidung des Ehrenausschusses ist schriftlich niederzulegen und zu begründen. Sie ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.
§ 24
Zustellung der Entscheidung
Je eine Ausfertigung der Entscheidung ist dem oder der Betroffenen und dem Präsidenten oder der Präsidentin der Kammer durch eingeschriebenen Brief oder durch Übergabe gegen Empfangsbescheinigung zuzustellen. Die Zustellung gilt mit Ablauf des dritten Tages nach Abgabe zur Post als bewirkt.
§ 25
Umfang der Kostenerstattung
Im Ehrenverfahren werden Gebühren erhoben. Die baren Auslagen sind zu ersetzen.
§ 26
Kostenentscheidung
Jede Entscheidung muss bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.
Wird der oder die Betroffene entlastet, so trägt die Kammer die Kosten des Verfahrens. Die durch die Zuziehung von Bevollmächtigten und Beiständen entstandenen Kosten werden nicht erstattet. Im Falle einer anderen Entscheidung hat der oder die Betroffene die Kosten zu tragen. Wird das Verfahren von dem oder der Vorsitzenden des Ehrenausschusses eingestellt, so entscheidet dieser oder diese über die Kosten nach billigem Ermessen, sonst der Ehrenausschuss.
§ 27
Inkrafttreten
Diese Geschäftsordnung tritt am 01.01.2017 in Kraft.