Tag der Architektur
und Ingenieurbaukunst
Suche verbergen
Infobutton
Infobutton

Architekten- / Ingenieursuche

Mit der Architekten- und Ingenieurssuche können Namen und Kontaktdaten der bei der Kammer eingetragenen Personen abgefragt werden.
Infobutton

Volltextsuche

Die "Volltextsuche" durchsucht alle auf den Seiten der Kammer hinterlegten Dokumente und Seiten nach dem gesuchten Begriff.

Raumwunder auf kleinster Fläche – Inspirationen und Konzepte aus Japan

von Prof. D.-J. Mehlhorn, Architekt und Stadtplaner

 

Cover_Japan_1_kl

Das Thema des Fehlens von „bezahlbarem“ Wohnraum beherrscht in letzter Zeit nicht nur die Fachpresse, sondern hat auch das Feuilleton überregionaler Zeitungen erreicht. Das Problem wird noch dadurch verstärkt, dass aus vielerlei Gründen viele Menschen in Großstädten leben wollen, wo der Platz für Neubauten ohnehin recht knapp ist und die Grundstückspreise zugleich zusehends steigen. Die Landesbauordnungen lassen zwar geringere Abstände der Gebäude untereinander als früher zu, eine bauliche Verdichtung bestehender Wohnanlagen stößt trotz unbestreitbarerer städtebaulicher Vorteile auf heftigen Widerstand der Anwohner. Die Architektur reagiert zugleich kaum auf die veränderte Situation, so dass die eigentlich sinnvolle Verdichtung nur Beengtheit und Stress generiert.

Ein Blick nach Japan könnte Anregungen geben, wie auf kleinster Parzelle wahre Raumwunder entstehen könnten:  multifunktionale Raumnutzung (u.a. bewohnbare Treppen), Verwendung transluzenter, verschiebbarer Paneele, Anordnung von Lichtschächten (Voids), die einen Blick durch das ganze Haus zulassen, Beschränkung auf wenige Materialien, doppelte Fassaden – dazwischen gut nutzbare Räume oder Terrassen (Appartementhaus in Narima, S. 125, ). Zusätzlich zu den bekannten „Mini-Häusern“ auf wenigen Quadratmetern Grundstückfläche (bis zu 37qm, S. 62 ff.) und bis zu 1,80 m Breite (S. 48 ff.) behandelt das Buch auch mehrgeschossige Mehrfamilienhäuser wie Egato House B in Nakona, das Reihenhäuser mit jeweils eigener Außentreppe als Maisonettes stapelt (S. 126 ff.). In größeren Anlagen wie einem mehrgeschossigen Wohnkomplex in Manhuri sind die Grundrisse allerdings kaum lesbar, erkennbar aber die Lücken in der Blockrandbebauung, die es ermöglichen, die Wohnungen jeweils nach drei Seiten zu öffnen (S. 39 ff.).

Vieles davon ließe sich kaum auf unsere Situation übertragen. Es gibt nicht nur ein anderes Baurecht, schwerwiegender wirken Prinzipien wie Nachhaltigkeit (in Japan baut man bestenfalls für 30 Jahre) oder der Barierrearmut (Mehrgeschossigkeit mit schmalsten Treppen?). Wer sich mit den Grundlagen japanischer Architektur beschäftigen will, sei auf das Buch „Dialoge und Positionen“ verwiesen. Es zeichnet sich gegenüber anderen Veröffentlichungen dadurch aus, dass nicht ein Autor mit westlichen Augen die Architektur Japans interpretiert. Vielmehr kommen dreizehn japanische Architekten, darunter die Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki und Toyo Ito, aber auch jüngere Architekten wie Go Hasegawa (von diesem das Appartementhaus in Narima) zu Wort, um ihre Arbeitsweise und Position sowie ihr Verhältnis zu Tradition und Landschaft und den Zusammenklang von Öffentlichkeit und Privatheit selbst zu erklären. Mit dem Haus NA in Tokio schlägt der Architekt Sou Fujimoto den Bogen zum Buch „Wohnkonzepte“ (dort S. 9): „… eine einfache Ordnung: eine Box in einer Box, wobei die Anordnung der Öffnungen variiert und eine Unordnung hineinbringt […] In meinen Projekten geht es stets um das Gegenüber von Ordnung und Unordnung oder besser gesagt, von Einfachheit und Komplexität.“ (S. 157)

Cover_Japan_2_kl

Dass man nicht „simpel“ und „einfach“verwechseln möge, würde man sich sicher auch hierzulande wünschen. Beide Bücher sind gut gemacht und zum Weiterdenken geeignet, so wie Hasegawa insistiert: „Immer weiterdenken, das ist wichtig.“ ( S. 202)

 

AUF EINEN BLICK:

Christian Schittich (Hg.): Wohnkonzepte in Japan;
Typologien für den kleinen Raum. 144 Seiten mit zahlreichen Abb. 39,90 EUR. Edition DETAIL. München 2016
Susanne Kothe, Hubertus Adam u.

Daniel Hubert (Hg.):
Dialoge und Positionen; Architektur in Japan. 272 Seiten mit zahlreichen Abb. 49.95 EUR. Birkhäuser Verlag Basel 2017

 

 

16.10.2017

 

Für die Inhalte auf den verlinkten Seiten ist der jeweilige Betreiber verantwortlich.