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Architekten- / Ingenieursuche

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Architektenarchive bewerten. Kriterien für Sammlungen, Museen und den Kunstmarkt.

von Ulrich Höhns, Wissenschaftlicher Leiter des AAI

Die Autorin Eva-Maria Barkhofen ist Leiterin des Baukunstarchivs an der Akademie der Künste in Berlin. Zudem ist sie die einzige öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für architekturbezogene Kunst und Archivobjekte. Ihr aktuelles Buch richtet sich jedoch nicht ausschließlich an Fachleute in den Spezialsammlungen zum Thema, sondern auch an Architekten – und damit sind gleichermaßen alle anverwandten Planungsbereiche gemeint – oder an diejenigen, die über entsprechende Unterlagen aus der Arbeit eines Architekten verfügen und sich ein Bild verschaffen möchten, welche Archive dafür in Frage kommen, wie dort so ein Bestand „erschlossen“ wird, was wichtig und was unwichtig ist. Im ersten Kapitel wird die Frage gestellt, was eigentlich ein Architektenarchiv ist: es ist so unterschiedlich und vielfältig wie die Menschen, deren Arbeit es dokumentiert. Beispiele aus dem 19. und 20. Jahrhundert verdeutlichen diese Vielfalt, dazu den Wandel der Techniken, Ausdrucksformen, Medien. Und der „Handschrift“.

Im Augenblick verfügen die Facharchive, darunter auch das Schleswig-Holsteinische Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst (AAI), weitgehend oder wie das AAI ausschließlich über Dokumente, die als Zeichnung auf Papier, Modell, Fotografie, Akte oder Brief, auch als Privatbibliothek und Sammlung zu anderen Themen überliefert worden sind. Digitalisate solcher Dokumente sind die Ausnahme; born-digital Zeichnungen, also am Rechner entstandene und als Dateien vorliegende Arbeiten, sind noch nicht vorhanden. Sie aber bestimmen seit den 1990er-Jahren zunehmend und heute fast ausschließlich den Arbeitsalltag in den Büros. Auch diese elektronischen Unterlagen sind Architektenarchive, von denen einige eine Heimat in Architekturarchiven finden werden. Wie wir alle damit umgehen, was das für die Frage nach der Originalzeichnung bedeutet, ob es Skizzen, Vorstufen, Varianten gibt, die sich erhalten, wie eine dem Papier ebenbürtige Langzeitsicherung zu bewerkstelligen ist und welche urheberrechtlichen Fragen dabei berührt werden, sind offene Fragen und auf jeden Fall eine enorme Herausforderung für die Architektursammlungen. Und diese Fragen sind etwa bei den Jahrestagungen der „Föderation deutschsprachiger Architektursammlungen“, die die Autorin als unsere Sprecherin leitet, ein fester und zentraler Diskussionspunkt, der uns alle stets und mit wachsender Dringlichkeit beschäftigt. Der in der Praxis längst vollzogene, radikale Wandel in der „Produktion“ von Architekturzeichnungen stellt die Architektur sammelnden Institutionen bei deren Übernahme vor Probleme, die die meisten  aus eigener Kraft nicht lösen können.

Dies wird umso deutlicher, wenn die Autorin einen kurzen Abriss der Geschichte des Sammelns von Architekturzeugnissen liefert. Bedeutsam ist auch ihre Aussage, dass es unabhängig vom Medium nicht zielführend ist, Architektenarchive 1 : 1 zu übernehmen. Immer findet eine Auswahl statt, eine Bewertung und Einordnung, die nicht nur dem jeweiligen Werk so präzise und feinfühlig wie möglich gerecht wird, sondern auch dem Sammlungsauftrag des Archivs – und dessen Kapazitäten. Auch wenn dies letztlich niemals verbindlich zu regeln sein wird, so stellt die Autorin dennoch einige handhabbare Eckdaten für die Erstellung von Bewertungskriterien für Architekturzeugnisse vor. Diese Passagen sind vor allem für Architekten hilfreich, die sich mit dem Gedanken tragen, ihr Werk einem Archiv anzuvertrauen. Es wird der mögliche Weg beschrieben, wie so etwas vonstatten geht und wie eine gemeinsame Auswahl getroffen werden kann. Der methodische Ansatz stellt als erstes Bewertungskriterium die Bedeutung eines Vor- oder Nachlasses für den jeweiligen Sammlungsauftrag in den Raum. Es folgen die Bedeutung für die Zeit- / Baugeschichte und der Wert für die Wissenschaft, die Bedeutung innerhalb des Werkes, in künstlerischer Hinsicht, für die Stadt-/Ortsgeschichte – und schließlich wird auch der Erhaltungszustand der Unterlagen als Kriterium angeführt. Denn unabhängig von ihrer gestalterischen Qualität und Aussage können Pläne unter Umständen nicht in ein Archiv übernommen werden, weil ihr materieller Zustand zu schlecht ist und eine Restaurierung unmöglich oder unverhältnismäßig wäre.

Dieses Schicksal wird born-digital Dokumente nicht ereilen. Sie existieren als Dateien, die gesichert und gepflegt werden müssen und auf Datenträgern fortbestehen – für wie lange allerdings, weiß heute niemand.

Eva-Maria Barkhofen: Architektenarchive bewerten. Kriterien für Sammlungen, Museen und den Kunstmarkt. 108 Seiten, 130 Abbildungen. DOM publishers, Berlin 2018. 28,00 Euro

 

 

 

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